Die ganze Woche schon hatte ich mich auf diesen einen Moment gefreut. Die Tage waren vollgepackt gewesen mit Arbeit, am Freitag morgen hatte ich sogar noch ein wichtiges Meeting. Als ich zuhause ankam, packte ich schnell noch die letzten Sachen, füllte Tee in die Thermoskanne und lud schließlich meine Sachen bei Frau Drehumdiebolzen in’s Auto. Dann endlich der Moment: Alles ist eingeladen, Feierabend, in den Sitz sacken lassen und ab nach Bielefeld! Nichts mehr im Kopf haben außer Nähen und 36 andere nette Frauen, die gemeinsam mit uns nähen würden. Trotz des angekündigten Schneesturms kamen wir ziemlich reibungslos an, konnten Nähplätze und Zimmer beziehen und saßen schließlich im Foyer der Jugendherberge, um die ankommenden Annäherinnen zu begrüßen.
Es waren sehr viele bekannte Gesichter da, bekannt entweder von einer der vorherigen Annäherungen oder vom Bloggertreffen in Köln im vorletzten Jahr. Viele hatten ihre Maschinen schnell aufgebaut – insgesamt ca. 50 an der Zahl, die altbekannten Steckbriefe wurden aufgehängt.
Nach dem Abendessen gab es dann die Vorstellungsrunde, dieses Mal allerdings in stark verkürzter Form, weil alle schnell an ihre Maschinen wollten. Und dann wurde genäht, was das Zeug hielt. Mit so viel Dampf, dass die Sicherung geflogen kam und alle Lichter ausfielen. Da einem waschechten Nähnerd natürlich die Birne der Nähmaschine reicht, wurde unbeirrt weiter genäht. Eine Steckdose haben wir an diesem Wochenende auch gehimmelt, aber ein bisschen Schwund ist ja immer…
Am ersten Abend gelang es mir, bis auf den Saum, mein Projekt B fertig zu stellen. Das war ein blaues Kleid von By Hand London aus der Simply Nähen. Ich war sehr froh über die Hilfe von Frau 700 Sachen, die neben mir saß und sehr geduldig bei der Anpassung half. Auffällig war bei dieser Annäherung, dass an beiden Abenden sehr, sehr lang genäht wurde, bis weit nach Mitternacht. Wie immer ging die „Arbeit“ fließend in Party über. Erstaunlich wie viele Teilnehmerinnen trotz Sekt, Wein und Bier noch sehr akkurate Nähte hinbekommen. Wunderbare Ablenkungen beim Nähen kamen durch die Anekdoten der anderen Damen, die an unserem Tisch saßen. Gegen 2 Uhr fiel ich dann auch irgendwann in’s Bett, gefolgt von einem – traditionell in Bielefeld – sehr unruhigen Schlaf. Den Samstag nutzte ich, die Sachen für die Kinder fertig zu stellen. Ich hatte einen 4-Bahnen-Rock aus einem dunkelgrauen Wollmix und eine blaue „Räuberhose“ aus Cord eingeplant. Da ich mit meinem Projekt vom Vortag ja schon so erfolgreich war, beeilte ich mich nicht gerade, lauschte den Geschichten von Frau Crafteln und Frau Nahtzugabe, bewunderte die neu entstehenden Kleidungsstücke der anderen. Bis mir dann auffiel, dass die Spitze, die ich Saum des Röckchens anbringen wollte, genau 15cm zu kurz war. Ärgerlich! Zum Glück saßen mir die Bielefelderinnen Frau Buntekleider und Sybille vom Büro für schöne Dinge gegenüber. Schnell wurden mir mögliche Stoff- und Kurzwarenquellen inklusive Wegbeschreibung genannt, so dass wir nach dem Mittagessen aufbrachen. Spontan hatte sich ein ganzes Rudel Nähnerds zusammengefunden, die sich die Beine vertreten und etwas durch Bielefeld bummeln wollten. Also zogen wir gemeinsam in die Stadt und wenig später („Ich muss nähen!!!“) flugs wieder zurück in den Seminarraum der Jugendherberge.
Zum Abendessen kamen wir wieder hinter unseren Nähmaschinen hervor gekrochen – ich hatte mittlerweile mein Projekt A angefangen – als wir feststellten: Es gibt jedes Jahr in Bielefeld das exakt gleiche Essen. Ich hatte kurz darüber gewitzelt, dass es Samstags immer Spaghetti Bolognese zum Abendessen gab, da hatte ich den Teller auch schon auf dem Tablett. Kurz rekapitulierten wir das Essen und konnten uns tatsächlich nur an immer die gleichen 4 Gerichte erinnern. Aber wen stört das schon? Letztlich ist das Essen in Bielefeld ja nur als lebensnotwendige Kalorienzufuhr gedacht, damit man schnell weiternähen kann. Wir wurden auch beim letzten warmen Essen am Sonntag nicht enttäusch: Da gab es Brokkoli-Bratling mit weißer Soße (nomnom!).
Im Laufe des Samstags wurden mehr und mehr Projekte fertig. Die flippigen Projekte von Tine, die auch an unserem Tisch saß. Ebenso mehrere Mäntel, Kleider, Röcke. Es war so schön, mit wieviel stolz und Freude Samstag Nacht kleine Modenschauen entstanden, bei denen die neuen Sachen präsentiert und ausgetauscht wurden. Viele sind mal in die Mäntel geschlüpft, die genäht wurden, haben eine Bluse oder ein Kleid übergezogen. Eine wundervoll positive und wohlwollende Stimmung war das, voll mit „Den Mantel brauch ich auch!!!“, „Was ist das für ein Schnitt?“ und „Starker Stoff, den hätt‘ ich auch gern!“. Am Sonntag war schon ein kleines bisschen Wehmut beim Nähen, aber auch eine Mischung aus eifriger Eiligkeit, um Angefangenes fertig zu stellen. Mein Plan A -Kleid aus einer burda easy war leider ziemlich widerspenstig, aber da meine Bilanz bis dahin schon ganz gut war, war das nicht so schlimm. Nach dem Mittagessen gab es dann die Abschlusspräsentation und egal ob fertig geworden oder nicht – für jedes Projekt und für jede Teilnehmerin gab es anerkennenden Applaus. Die Werkschau am Ende mag ich ganz besonders, denn es werden so viele tolle Kleidungsstücke gezeigt, deren Höhen und Tiefen im Entstehungsprozess man mitverfolgen konnte, wo sonst im Blog nur das fertige Teil gezeigt wird.
Das Aufräumen, Zusammenpacken und Einladen ging dann ruckizucki. Vorbei das schöne Wochenende. Auf dem Heimweg konnte ich mit der Bolzendreherin das Treffen wieder in Ruhe Revue passieren lassen und wir zogen ein durchweg positives Fazit. Vielen Dank an dieser Stelle an die Organisatorinnen Frau AlleWünscheWerdenWahr, Frau Drehumdiebolzen und Frau Mamamachtsachen, bei der es auch eine Sammlung von Berichten über die Annäherung gibt!